Ich bin mir nicht so recht sicher, was ich nun wirklich von Hanna Friedrichs „Das Erbe der Lady Eleanor“ halten soll. Mein Hauptproblem waren die mangelnden Konflikte. Wäre es einfach nur Fantasy, okay, dann wäre der Wegfall einiger Konflikte sicherlich akzeptabel, aber leider ist es eben nicht „nur“ Fantasy, sondern historische Fantasy – und dafür ist es dann doch an einigen Stellen seeehr glatt.
Im Zentrum der Geschichte stehen Isabelle und Rose, zwei junge Edelfräulein im England des frühen 13. Jahrhunderts, die unterschiedlicher kaum sein könnten – Isabelle ist gebildet, spricht sechs Sprachen, beherrscht die Heilkunst und wird den Mann ehelichen, mit dem ihr Vater sie (aus politischen Gründen) vermählen will. Rose hingegen hat sich schon vor Jahren von ihrer Familie abgewandt und lebt seitdem als Mann, genauer gesagt als Ritter. Eins aber haben beide Frauen gemeinsam, denn sie sehnen sich nach Liebe und Freiheit.
Eine mittelalterliche Geschichte über die Liebe zweier Frauen, in der auch noch (magische) Amazonen vorkommen? Super! Leider aber fiel genau der Aspekt, auf den ich besonders gespannt war, völlig flach: Die Probleme, auf die Isabelle und Rose aufgrund ihrer Liebe zueinander stoßen würden. Denn die gibt es hier, abgesehen von ein paar kleineren gedanklichen Auseinandersetzungen mit religiösem Zusammenhang („“Jedes Weib braucht einen Mann, so hat Gott es bestimmt.“
Isabel war sich nicht so sicher, was Gott alles bestimmt hatte (…)“) und Kussszenen á la Twilight („Würdet Ihr mich küssen?“ […] „Ihr dürft mich so etwas nie wieder bitten, Milady“) läuft die Liebesgeschichte quasi reibungslos ab.
Sogar besser noch, denn es gibt hier, wuhuu, Instantliebe! Okay, sie ist nicht so ganz direkt Instant, immerhin ist das hier das Mittelalter und die Damen sind züchtig und zurückhaltend. So braucht es doch tatsächlich eine handvoll Begegnungen und sogar einen Kuss, bevor Isabelle zu dem Schluss kommt, dass Rose die Liebe ihres Lebens ist.
Aber Isabelle ist ja eigentlich Roses Schwägerin, musste sie doch aus politischen Gründen den fiesen Lord Brian heiraten, der sich als völlig falsche Schlange entpuppt. Er hatte nämlich ganz finstere Beweggründe, als er beschlossen hat Isabelle zur Frau zu nehmen. Diese Gründe beinhalten eine Prophezeiung, ein magisches Amulett und eine Insel voller Amazonen irgendwo vor der irischen Küste. Auf geht es also ins Abenteuer! Das ist allerdings handlungstechnisch ähnlich haarsträubend, wie die Vorgeschichte…
Kurz gesagt: „Das Erbe der Lady Eleanor“ ist schlicht und ergreifend total trashig. Die Charaktere sind so unglaublich klischeehaft*, die Liebesgeschichte total lächerlich**, die Story oftmals haarsträubend unglaubwürdig*** und von den Amazonen will ich gar nicht erst anfangen****, vom Ende ganz zu schweigen!*****
Und trotzdem, so sehr ich mich beim Lesen immer wieder aufgeregt habe, so sehr hatte ich auch Spaß an der Geschichte – vermutlich allein schon wegen des stellenweise einfach unglaublichen Trashfaktors XD
* Isabelle ist PERFEKT, wie sonst kann sie Roses Verkleidung quasi sofort durchschauen? Rose eine gequälte Seele, die in Isabelle ihre Erlösung findet, da diese nicht nur die Verkleidung als Mann durchschaut, sondern auch quasi bis in Roses Herz/Seele/gepeinigtes Inneres blicken kann
** Ihr seid Frauen! Ihr lebt in einer Zeit, wo Frauen allein für ihr Kräuterwissen auch mal verbrannt wurden – wie Isabelle irgendwo anmerkt – aber dass eure Liebe „wider der Natur“ ist, interessiert weder euch noch die Leute um euch herum?!
*** Rose lebt seit Jahren als Ritter, das ist niemals jemandem aufgefallen, nicht mal ihren Knappen, und dabei hat sie es nicht mal für nötig gehalten, sich die Haare zu schneiden? Und Isabelle ist offenbar nur von grenzenlos dummen Männern umgeben, denn egal wie auffällig sie sich verhält, wie unglaubwürdig ihre Lügen sind, keinem fällt irgendwas auf…
**** Sie sind magisch, sie sind zukunftsweisend, sie sind quasi perfekt!
***** [spoiler]Sie heiraten! Sie HEIRATEN! Mit dem Segen ihrer (verbliebenen) Eltern und juchee![/spoiler] Friede, Freude, Eierkuchen… Und plötzlich kommt das Ende auch überhaupt gaaar nicht…